Tu was für dich

Die junge Frau, die mich zu einem Coaching aufsuchte, sprach leise und schnell. Sie beschrieb mir ihre Arbeit als Filmassistentin, die bei vielen Spielfilmen im Hintergrund die Fäden in den Händen hielt: die Auswahl von Locations zum Drehen, den Kontakt zu den Drehbuchautoren, die Auswahl von geeigneten Darstellern, Fragen der Finanzierung und Abrechnung, die Versorgung der Beteiligten am Set und manches Andere. Ihr Arbeitstag hatte oft 12–14 Stunden, manchmal auch mehr.

Ich staunte, was diese kleine, schlanke und so still wirkende Person alles bewältigte.
Es war Katharina R. anzumerken, dass sie eine Aufgabe gefunden hatte, die ihr Spaß machte und die sie mit Engagement und Freude ausfüllte. 
Sie kam zu mir, weil sie zunehmend Druck verspürte, der sie zeitlich in ein enges Korsett zwängte. Erste körperliche Stresssymptome wie Schlafstörungen und Magenschmerzen traten hinzu.

Im Rückblick auf verschiedene Stationen ihres Lebens, die im Zusammenhang mit den Stresssymptomen und dem von Katharina verspürten Druck standen, konnte sie Verhaltensweisen erkennen, die zu ihrer heutigen Situation geführt hatten.

Eine der Szenen aus ihrem Leben spielte sich im familiären Umfeld ab. Katharina bereitete eine Geburtstagsfeier für ihre Mutter vor. Sie verschickte Einladungen, telefonierte mit den Verwandten, kochte und buk, organisierte den Ablauf für die Geburtstagsfeier einschließlich Musikband und kleine individuelle Gastgeschenke für jeden Geburtstagsgast.
Sie konnte sich aufrichtig freuen, wenn alles klappte, fiel aber am Abend dieses Tages völlig ausgepumpt und todmüde ins Bett.

Diese und ähnliche Szenen zeigten ihr, dass sie sich für andere Menschen oder für ihre Arbeitsaufgabe aufopferte, dabei nicht selten über ihre Grenzen ging und körperliche Warnsignale übersah. Zudem steigerte sich allmählich die Unzufriedenheit mit ihrer Arbeit.

Im weiteren Verlauf der Sitzungen entwickelte Katharina eine Vorstellung von ihrem Leben, die ihr Freude und Zufriedenheit bringen könnte.

Der Schlüssel dabei war die Erkenntnis, dass es zukünftig darauf ankommen würde, nicht mehr nur für andere aktiv zu werden, sondern die Dinge zu tun, die ihr selbst wichtig sind.

Im anschließenden Mentaltraining erarbeitete die junge Frau bildhafte Szenen eines ausgefüllten und freudvollen eigenen Lebens, die sie kraftvoll visualisierte.

Heute betreibt Katharina eine erfolgreiche eigene Casting-Agentur. Außerdem hat sie ihrer kreativen Seite Raum gegeben und ein erstes eigenes Filmprojekt realisiert.